Market Claims-Prozess

26.05.2021

Dividenden und Fondsausschüttungen über Clearstream Banking AG

Nachfolgender Abschnitt schildert den im Fall von Geschäftsabschlüssen über den Dividenden- bzw. Ausschüttungsstichtag von Clearstream Banking AG durchgeführten Market Claims-Prozess.

Als Wertpapiersammelbank kennt die Clearstream Banking AG lediglich den sogenannten belieferten Bestand. Unter dem belieferten Bestand wird der Bestand an Wertpapieren verstanden, der auf Grund von Lieferinstruktionen (Erfüllungsgeschäften) für einen Kunden verwahrt wird. Der der Clearstream Banking AG bekannte Bestand wird auch „Settlementbestand“ genannt. Auf den Settlementbestand am Dividendenstichtag, dem Bestandsstichtag, verteilt die Clearstream Banking AG die fälligen Dividenden/ Ausschüttungen.

Der Bestandsstichtag ist der Tag, an dem CBF zum Tagesende die zur Teilnahme an dem Vorgang berechtigten Bestände ermittelt. Dabei wird nicht nach Märkten für die Verarbeitungslogik unterschieden. Sofern vom Emittenten ein Record Date gemeldet wird, erfolgt die Feststellung der berechtigten Bestände für Record Date relevante Events an diesem Tag. Dieser ist in der Regel, gemäß der europäischen Harmonisierungsvorgaben sowie gemäß gesetzlicher Vorgaben, der Geschäftstag nach dem Ex-Tag (= Record Date). Wird kein Record Date gemeldet, so erfolgt die Feststellung der berechtigten Bestände am Geschäftstag vor dem Ex-Tag. Fällt der Bestandsstichtag auf ein Wochenende oder einen Feiertag, so wird als Stichtag der erste vor dem Wochenende oder dem Feiertag liegende Geschäftstag der CBF herangezogen.

Von etwaig abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäften, d.h. die bloße Verpflichtung zum Kauf bzw. Verkauf einer Aktie oder eines Investmentanteils, erlangt die Clearstream Banking AG erst Kenntnis, wenn diese zur Belieferung anstehen. Vorher kann die Clearstream Banking AG diese Geschäfte bei der Ermittlung des steuerlich maßgeblichen Bestandes nicht berücksichtigen. Werden die entsprechenden Geschäfte der Clearstream Banking AG zum Zwecke der Belieferung übermittelt und erkennt die Clearstream Banking AG in der Folge, dass sich der steuerlich maßgebliche Bestand zum Bestandsstichtag ändert, handelt es sich um einen sog. Cum-Ex-Trade1. Die Clearstream Banking AG nimmt in solchen Fällen eine Korrektur der Verteilung der Dividende- bzw. der Fondsausschüttung vor. Die Korrektur wird „Market Claims“ genannt und wird für einen Zeitraum von derzeit 20 Bankarbeitstagen nach dem Bestandsstichtag durchgeführt. Die Durchführung der Korrektur erfolgt im sogenannten Market Claims-Prozess. Durch die Korrektur wird eine auf Basis des Settlementbestands und unter Berücksichtigung der späteren Erkenntnisse nicht berechtigte Dividenden-/Ausschüttungszuordnung an den Verkäufer/Lieferanten der Anteile nachträglich rückgängig gemacht. Die Dividende/Ausschüttung wird an den Käufer/Empfänger der Anteile ausgezahlt.

Im Einzelnen gestaltet sich der Market Claims-Prozess wie folgt: Erkennt die Clearstream Banking AG im Rahmen des "Market Claims-Prozesses" nach der erstmaligen Zuordnung der Dividende/Ausschüttung an ihre Kunden, dass das Ex-Dividende-/Ausschüttungsanspruch belieferte Wertpapier bereits vor dem Bestandsstichtag Cum-Dividende-/Ausschüttungsanspruch von einem

  • inländischen Kunden der Clearstream Banking AG erworben wurde, dann erhält dieser die Bruttodividende -ausschüttung ausgezahlt.
  • inländischen Kunden der Clearstream Banking AG verkauft wurde, dann wird dieser mit der Bruttodividende/-ausschüttung belastet.
  • ausländischen Kunden der Clearstream Banking AG erworben wurde, dann erhält dieser die Nettodividende/-ausschüttung nach Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag ausgezahlt.
  • ausländischen Kunden der Clearstream Banking AG verkauft wurde, dann wird dieser zunächst mit der Bruttodividende/-ausschüttung belastet. Im Rahmen einer täglich durchgeführten Kontrollrechnung erhält dieser gegebenenfalls eine Gutschrift in Höhe einer unzutreffend durchgeführten Steuerbelastung.2

Wie bereits ausgeführt, gelten CBF-International-Kunden als Ausländer.

Nach Ablauf von 20 Bankarbeitstagen lässt sich somit die tatsächlich korrekte Zuordnung der Dividende bzw. Fondsausschüttung und die darauf einzubehaltende Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag feststellen. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer inkl. Solidaritätszuschlag kann von Clearstream Banking AG sodann bescheinigt werden.

Zu den Möglichkeiten der Erstattung von KESt verweisen wir auf die Abschnitte Behandlung von sogenannten „abgesetzten Beständen“ (Unterkonto 650) und Erstattung/Entlastung der Kapitalertragsteuer bei thesaurierenden inländischen Investmentanteilen.

Hinweis: Die Durchführung des Market Claims-Prozesses stellt planmäßig keine Regulierung eines Leerverkaufs dar. Insbesondere werden durch den Market Claims-Prozess keine Manufactured Dividends im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG erzeugt. Gegenstand ist vielmehr die korrekte Zuordnung der Dividenden- bzw. Fondsausschüttung. Bei einem der Clearstream Banking AG nicht mitgeteilten und damit von der Clearstream Banking AG nicht erkannten Leerverkauf, werden in der Praxis tatsächlich auch die im Zusammenhang mit dem Leerverkauf gezahlten Manufactured Dividends über den Market Claims Prozess reguliert. Zu den Pflichten des Clearstream Banking AG-Teilnehmers bei einem Leerverkauf und zu den steuerlichen Konsequenzen eines Leerverkaufes verweisen wir auf Abschnitt Bescheinigung und Erstattung der Kapitalertragsteuer bei Leerverkäufen im Ausland.

Manufactured Dividends können nur durch Anzeige des Kunden erkannt werden.

Fondsthesaurierungen über die Clearstream Banking AG

Nachfolgender Abschnitt schildert den im Fall von Geschäftsabschlüssen über den Thesaurierungsstichtag von Clearstream Banking AG durchgeführten Market Claims-Prozess.

Zu den grundsätzlichen Ausführungen zum „Market Claim-Prozess“ verweisen wir auf die Ausführungen im Abschnitt Dividenden- und Fondausschüttungen über Clearstream Banking AG. Abweichend von diesen Ausführungen gilt für Thesaurierungen Folgendes.

Im Zuge der Abwicklung einer Thesaurierung wird durch die Clearstream Banking AG kein Ertrag, sondern die vom Fonds zur Verfügung gestellte Steuerliquidität an die Kunden verteilt. Diese Steuerliquidität dient zur Entrichtung der auf die Thesaurierung anfallenden Steuer. Die Steuerliquidität wird pro Stück von der Investmentgesellschaft berechnet und zusammen mit der Ertragsmitteilung von der Investmentgesellschaft veröffentlicht.
Bei der Ermittlung der Steuerliquidität muss die Investmentgesellschaft davon ausgehen, dass der höchstmögliche Steuerabzug (KESt zzgl. SolZ zzgl. Kirchensteuer (KiSt)) entrichtet werden muss.

Im Falle der Inlandsverwahrung liegt die Verpflichtung zur Anmeldung und Abführung der Steuer beim depotführenden inländischen Kreditinstitut. Daher wird die Clearstream Banking AG in den Fällen, in denen die Fondsanteile für einen Inländer verwahrt werden, die Steuerliquidität an ihren Kunden weiterleiten.

In den Fällen, in denen die Fondsanteile für einen Ausländer verwahrt werden, wird die Clearstream Banking AG die Steuerliquidität gemindert um die tatsächlich angefallene KESt und den darauf entfallenden SolZ auszahlen (sog. „Steuerspitze“).3

Erkennt die Clearstream Banking AG im Rahmen des Market Claims-Prozesses nach der erstmaligen Zuordnung der Thesaurierung an ihre Kunden, dass das Ex-Thesaurierungsanspruch belieferte Wertpapier bereits vor dem Stichtag Cum-Thesaurierungsanspruch von einem

  • inländischen Kunden der Clearstream Banking AG erworben wurde, dann erhält dieser die Steuerliquidität ausgezahlt.
  • inländischen Kunden der Clearstream Banking AG verkauft wurde, dann wird dieser mit der Steuerliquidität belastet.
  • ausländischen Kunden der Clearstream Banking AG erworben wurde, dann erhält dieser die sich bei der Ermittlung des Steuerabzugsbetrages ggf. ergebende Steuerspitze ausgezahlt.
  • ausländischen Kunden der Clearstream Banking AG verkauft wurde, dann wird dieser mit der Steuerliquidität belastet. Im Rahmen einer täglich durchgeführten Kontrollrechnung erhält dieser gegebenenfalls eine Gutschrift in Höhe einer unzutreffend durchgeführten Steuerbelastung.33

Wie bereits ausgeführt, gelten CBF-International Kunden als Ausländer.

Nach Ablauf von 25 Bankarbeitstagen lässt sich somit die tatsächlich korrekte Zuordnung der Thesaurierung und die darauf einzubehaltende Kapitalertragsteuer feststellen. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer kann von der Clearstream Banking AG sodann bescheinigt werden.

Zu den Möglichkeiten der Erstattung von KESt verweisen wir auf die Erstattung/Entlastung der Kapitalertragsteuer bei inländische Dividenden- und Fondausschüttungen und Erstattung/Entlastung der Kapitalertragsteuer bei thesaurierenden inländischen Investmentanteilen.

Dividenden und Fondsausschüttungen über die Clearstream Banking S.A.

Der von Clearstream Banking S.A. durchgeführte Market Claims-Prozess erfolgt immer netto. D. h. Clearstream Banking S.A. erhält von der Clearstream Banking AG die Netto-Dividende ausgezahlt, da Clearstream Banking S.A. insoweit als „ausländische Stelle“ im Sinne des EStG anzusehen ist. Clearstream Banking S.A. ordnet die Netto-Dividende ebenfalls dem ihr erkennbaren belieferten Bestand ihrer Kunden zu. Ändert sich aufgrund vor dem Dividendenstichtag/Ex-Tag abgeschlossener und im Anschluss belieferter Geschäfte der belieferte Bestand, belastet Clearstream Banking S.A. den Veräußerer mit der Netto-Dividende und ordnet die Netto-Dividende dem Erwerber zu. Dem Erwerber steht ein Anspruch auf Bescheinigung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer durch Clearstream Banking AG zu. Zum Vorgehen zur Beantragung der Steuerbescheinigung verweisen wir auf Abschnitt Bescheinigung der auf inländische Dividenden und Fondausschüttungen sowie auf thesaurierte Fondserträge einbehaltenen Kapitalertragsteuer.

Soweit die Clearstream Banking S.A. ein Short Entitlement eines inländischen Papieres erkennt, wird sie gemäß ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) den betroffenen Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer5 und CBF-International Kunden im Nachhinein mit dem Differenzbetrag zur Brutto-Dividende belasten.

Erkennt ein Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder ein CBF-International Kunde in seinen Beständen ein Short Entitlement, welches die Clearstream Banking S.A. nicht erkennen kann, und zeigt der betroffene Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder CBF-International Kunde dies nicht an, kann Clearstream Banking S.A. ggf. angeforderte Steuerbescheinigungen nicht in voller Höhe bei der Clearstream Banking AG beantragen. Zeigt ein betroffener Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder CBF-International Kunde ein Short Entitlement gegenüber der Clearstream Banking S.A. an und stellt der betroffene Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder CBF-International Kunde den Differenzbetrag zur Brutto-Dividenden der Clearstream Banking S.A. zur Verfügung, kann im Gegenzug die Ausstellung einer Steuerbescheinigung über die Clearstream Banking S.A. bei der Clearstream Banking AG beantragt werden.

Fondsthesaurierungen über die Clearstream Banking S.A.

Der von Clearstream Banking AG durchgeführte Market Claims-Prozess hat bei der Regulierung von Cum-Ex gehandelten inländischen thesaurierenden Fondsanteilen die sog. Steuerspitze zum Gegenstand. Eine weitere Regulierung findet nicht statt, da bei einer Thesaurierung keine Erträge fließen. Das heißt, dass der Veräußerer mit einer ggf. vorher gutgeschriebenen Steuerspitze6 belastet wird und der Erwerber die Steuerspitze ausbezahlt bekommt.

Soweit die Clearstream Banking S.A. ein Short Entitlement eines inländischen Papieres erkennt, wird sie gemäß ihren AGBs7 den betroffenen Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer bzw. CBF-International Kunden im Nachhinein mit dem Differenzbetrag zur Steuerliquidität belasten.

Erkennt ein Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer in seinen Beständen ein Short Entitlement, welches die Clearstream Banking S.A. nicht erkennen kann, und zeigt der betroffene Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder der CBF-International Kunde dies nicht an, kann die Clearstream Banking S.A. ggf. angeforderte Steuerbescheinigungen nicht in voller Höhe bei der Clearstream Banking AG beantragen. Zeigt ein betroffener Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer oder ein CBF-International Kunde ein Short Entitlement gegenüber der Clearstream Banking S.A. an und stellt der betroffene Clearstream Banking S.A.-Teilnehmer bzw. CBF-International Kunde den Differenzbetrag zur Steuerliquidität der Clearstream Banking S.A. zur Verfügung, kann im Gegenzug die Ausstellung einer Steuerbescheinigung über die Clearstream Banking S.A. bei der Clearstream Banking AG beantragt werden.8


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1. Ein Cum-Ex-Trade, d. h. eine Bestandsänderung zum Dividendenstichtag liegt vor, wenn das Geschäft vor dem Dividendenstichtag abgeschlossen und erst nach dem Dividendenstichtag beliefert wurde.
2. Die Kontrollrechnung stellt sicher, dass der Kunde bei Veräußerung von Aktien oder Investmentanteilen über den Dividenden-/Ausschüttungsstichtag die zuvor auf die veräußerten Anteile einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet bekommt. Weitere Informationen zur Kontrollrechnung sind dem Funktionalen Konzept zu OGAW-IV zu entnehmen.
3. Die um die tatsächlich angefallene KESt und den darauf entfallenden SolZ geminderte Steuerliquidität wird als "Steuerspitze" bezeichnet. Weitere Informationen zur Kontrollrechnung sind dem Funktionalen Konzept zu OGAW-IV zu entnehmen.
4. Die Kontrollrechnung stellt sicher, dass der Kunde bei Veräußerung von Aktien oder Investmentanteilen über den Dividenden-/Ausschüttungsstichtag die zuvor auf die veräußerten Anteile einbehaltene Kapitalertragsteuer erstattet bekommt. Weitere Informationen zur Kontrollrechnung sind dem Funktionalen Konzept zu OGAW-IV zu entnehmen.
5. Clearing Teilnehmer bei Clearstream Banking S.A.
6. Zum Begriff der Steuerspitze siehe Fußnote 2 und Market Claims-Prozess.
7. Siehe Kapitel 4. 6. des CBL-Kundenhandbuchs (Governing Document).
8. Das hier beschriebene Verfahren befindet sich derzeit noch in Abstimmung mit dem Bundesminsterium der Finanzen, das bisher jedoch keine grundsätzlichen Einwände geäußert hat. Dies umso weniger als andernfalls die vom Leerverkäufer gezahlte Manufactured Dividend brutto weitergeleitet werden müsste und damit eine Besteuerung nicht sicher gestellt wäre.